Ausstellungskritik: „Blutiges Gold“

Am 5. Oktober 2017 habe ich die Eröffnung der Ausstellung „Blutiges Gold – Macht und Gewalt in der Bronzezeit“ besucht. Landesarchäologe Dr. Detlef Jantzen gab einen Überblick zum Konzept, zu den Schwerpunkten und Zielen der Ausstellung. Frau Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Birgit Hesse würdigte in ihrem Grußwort vor allem das ehrenamtliche Engagement der Bodendenkmalpfleger in Mecklenburg-Vorpommern. Der anschließende Rundgang durch die Ausstellung war angesichts der über 200 Gäste etwas unübersichtlich, zumal man viel mit Gesprächen untereinander gebunden war. Es hat also nur für einen ersten (positiven) Eindruck gereicht. Mir wurde schnell klar, dass ich diese Ausstellung noch einmal in Ruhe besuchen muss.

Am 17. Oktober schaffte ich es, mit zwei meiner Kinder die Ausstellung erneut zu besuchen. Allerdings lief diesmal bei der Zeitplanung etwas schief. Wir kamen erst 17:00 Uhr in Groß Raden an. Um 17:30 Uhr schließt das Gebäude. Also viel zu wenig Zeit. Für Fotos und ein paar kleine Filmsequenzen hat es gereicht, aber wirklich genießen war unter dem Zeitdruck nicht möglich. Da wird wohl noch ein dritter Besuch fällig. Trotzdem möchte ich hier meine bisherigen Eindrücke schildern. Auch auf die Gefahr hin, dass ich einige Ausstellungsmerkmale in der Kürze der Zeit schlichtweg übersehen habe.

Die gesamte Ausstellung musste in Groß Raden auf einer Fläche von 200 m² untergebracht werden. Das ist für die bisherigen Ergebnisse der Forschungen im Tollensetal schon sehr wenig. Erhebt man zusätzlich den Anspruch, die Nordische Bronzezeit im Kontext darzustellen, scheint die Aufgabe nahezu unmöglich. Umso erstaunter war ich, was neben den ca. 300 archäologischen Funden noch alles untergebracht wurde, ohne die Räumlichkeit zu überfrachten. Besonders loben muss man das gelungene Stimmungsbild, das den Besucher auf den Tollensefluss entführt und links und rechts die Kontraste zwischen Reichtum und Gewalt anhand der Ausstellungsstücke präsentiert. Die hinter einer imaginären Schilfwand – ein halbdurchsichtiger Vorhang – versteckten Funde und das geschickte Spiel mit Licht und Spiegelung der prismenförmigen Vitrinen empfand ich als besonders gelungen. Mit „Stimmen aus dem Off“ (auch unten im Video zu hören) wird das Stimmungsbild zusätzlich untermalt. Sehr empfehlenswert sind die vielen audiovisuellen Stationen, die viel Wissen zu dieser spannenden Kulturepoche vermitteln. An die kleinen Besucher wurde auch gedacht. Mit Kleidung aus der Bronzezeit kann man sich verkleiden. Eine Station, an der man sein eigenes Gesicht auf eine bronzezeitliche Figur projizieren kann, war bei meiner 8-jährigen Tochter sehr beliebt. Von ihr kam zum Schluss das wohl größte Kompliment für die Ausstellung: „Papa, müssen wir wirklich schon gehen?“

Fazit: Eine Ausstellung, die man gesehen haben muss. Auf relativ kleinem Raum wird der Kontrast zwischen Macht und Gewalt während der Nordeuropäischen Bronzezeit eindrucksvoll vermittelt. Mittelpunkt sind die Funde und Forschungsergebnisse aus dem Tollensetal – dem Ort des ersten archäologisch nachgewiesenen Krieges in Europa. Stimmungsvolle Gestaltung, ausgereifte Präsentationstechniken und umfangreiche Wissensvermittlung lassen nahezu keine Wünsche offen. Mit Blick auf ein Archäologisches Landesmuseum, welches in der letzten Zeit mehr und mehr Konturen annimmt, ein gelungener Vorgeschmack darauf, wie die archäologischen Schätze Mecklenburg-Vorpommerns der Öffentlichkeit zugängig gemacht werden könnten.

Die Sonderausstellung ist noch bis zum 10. September 2018 geöffnet.

Impressionen:

Weite Informationen auch unter: blutiges-gold.de

 




PM: Großsteingräberpflege (IPAL-17)

Rerik. Letzten Samstag fand ein kleiner Einsatz zur Pflege der Großsteingräber rings um Rerik statt. Die ehrenamtlichen Bodendenkmalpfleger Volker Häußler, Thomas Köhler und Jürgen Krakor sorgten dafür, dass Sturmschäden beseitigt wurden. Die beiden letzten Herbststürme hatten einige Bäume so stark beschädigt, dass reichlich Windbruch beseitigt werden musste. Bei der Gelegenheit wurden auch gleich noch die Grabkammern von Laub befreit und ein paar kleinere Ausbesserungsarbeiten vorgenommen. Demnächst werden noch großere Rückschnitte der Baumbestände erfolgen müssen, damit keine Gefahrenquellen für die Besucher entstehen.

Die zum Pflegeeinsatz zufällig anwesenden Besucher erhielten von Herrn Häußler ausführliche Informationen zu den jeweiligen Grabanlagen und der Geschichtsepoche. Bei der Gelegenheit wurden auch Unterschriften für die Initiative pro Archäologisches Landesmuseum (IPAL www.ipal-mv.de). Die Bürgerinitiative engagiert sich seit fast drei Jahren für den Wiederaufbau eines Landesmuseums in Mecklenburg-Vorpommern. Über 14.000 Unterstützer haben schon unterschrieben. Das Projekt Landesmuseum hat in den letzten beiden Jahren große Fortschritte gemacht. „Aber wir machen weiter, bis sie uns die Tür aufschließen“, so Häußler.

Fotos: Jürgen Krakor




PM: Wikingerschmuck: Einzigartiger Doppelfund in M-V (IPAL-15)

Pasewalk/Neubukow. Für Sylvio Barkow und Jürgen Krakor, beide ehrenamtliche Bodendenkmalpfleger des Landesamtes für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern (LAKD), wurde Christi Himmelfahrt 2017 zu einem ganz besonderen Tag. Während Herr Barkow nur wenige Stunden bis zur Grillparty nutzen wollte, hatte Herr Krakor den ganzen Tag von seiner Familie für sein Hobby geschenkt bekommen.

Sylvio Barkow / Jürgen Krakor

Barkow hatte sich eine Ackerfläche bei Pasewalk für eine Feldbegehung auserkoren, die Dr. C. Michael Schirren, Dezernent beim LAKD, als kontrollwürdige Verdachtsfläche empfohlen hatte. Seine Prospektion begann ohne Metalldetektor. An einer Stelle mit sehr vielen Keramikfragmenten kam das Gerät dann aber doch zum Einsatz. Erfahrungsgemäß sind mit Keramikfragmenten bestimmter Epochen auch Metallfunde vergesellschaftet. Barkow konnte dann auch ein Fibelfragment und Bronzeschlacke finden.

Krakor begann etwa 170 km Luftlinie entfernt gleichzeitig seine Suche mittels Metalldetektor auf einem Feld, auf dem er schon Tage vorher wikingerzeitliche Artefakte bergen konnte. Dazu zählten das Mittelstück einer Kleeblattfibel (Gewandschließe) und mehrere Bleigewichte. Andere Keramik- und Metallfunde ließen einen jungslawischen Kontext (11. bis 12. Jh.) vermuten. Am besagten Tag waren noch Restflächen in unmittelbarer Nähe der bisherigen Funde zu begehen.

Nach ca. 10 Metern, um 12:44 Uhr bekam Krakor sein erstes gutes Signal. „Der Fund lag nur etwa 10 cm tief. Es reichte, mit dem Schuh die lockere Erde beiseite zu schieben. Als die Umrisse des Objektes klar waren, habe ich vorsichtig Schicht für Schicht das Erdreich entfernt. Nachdem dann die typische Brakteatenöse, Strukturen und Vergoldungsreste zum Vorschein kamen, war klar, dass es ein außergewöhnlicher Fund sein könnte. Wie bei Bodendenkmalpflegern allgemein üblich, wurde das Ereignis mit einem ausgiebigen Freudentanz gewürdigt. Das sind oft durchaus künstlerisch wertvolle Darbietungen, allerdings immer ohne Publikum.“


Neubukower Fund unmittelbar nach der Bergung

Etwa ein bis zwei Stunden später erging es Herrn Barkow bei Pasewalk ganz ähnlich. „Getanzt habe ich nicht, aber ein ‚Yes, tolles Stück!‘ kam mir schon über die Lippen und natürlich das sofortige Bewusstsein, dass es sich hier um etwas Außergewöhnliches handeln muss. Ist halt ein tolles Gefühl, wenn man mit solchen Funden die Geschichtsschreibung vorantreiben kann.“


Pasewalker Fund wenige Tage nach der Bergung
(Foto: Burhard Fechtner)

Bei beiden Funden handelt es sich offensichtlich um Wikingerschmuck aus dem 10. Jahrhundert. Lediglich der Materialeinsatz weicht stark ab. Der Pasewalker Fund wurde aus wesentlich weniger Bronze gegossen als der Neubukower. Eine gemeinsame Werkstatt oder Gussform liegt nahe. Die wissenschaftliche Untersuchung wird diese spannende Frage sicher bald beantworten. Als gesichert gilt bisher die Erkenntnis, dass die Anhänger dem sogenannten Jelling-Stil zugeordnet werden können. Damit wäre eine Datierung der Originalformen von 950 bis 985 n. Chr. anzunehmen.

Derartige Funde kennt man z. B. aus Grabbefunden aus England, Skandinavien, Südschweden und Nordrussland. In Mecklenburg-Vorpommern sind sie bis auf dieses Doppelpack als Fundmaterial noch nicht vorgekommen. Umso verwunderlicher natürlich die gleichzeitige Auffindung zweier Exemplare. Für jeden Kenner der Nordischen Mythologie reichlich Raum zur Spekulation.

Vorbehaltlich der wissenschaftlichen Untersuchung kann man dem Motiv gegebenenfalls direkt eine Szene aus der Glaubenswelt der Wikinger zuordnen. Gemäß der Stilrichtung wurden Körper immer s-förmig im Profil dargestellt. Das Auge und die Lippe des Oberkiefers sind stets überbetont. Der Körper wird mit einer Art Leitermuster gekennzeichnet und die Beinansätze sind spiralförmig. Fremdgegenstände haben einen Mittelsteg. „Es kann sein, dass wir hier die Fesselung des Fenriswolfes sehen, eines der zentralen Themen aus der Wikingermythologie. Sie symbolisiert die Rettung der Welt vor dem Untergang. Dass der Kriegsgott Tyr dabei seine Hand verliert und wie sich die magische Fessel immer fester um den Köper des Ungeheuers zieht, lässt sich mit etwas Phantasie durchaus in den Fundstücken erkennen“, so Krakor.


Fesselung des Fenriswolfes
(Zeichnung um 1900)

Am 12. Juni war Fundübergabe an das Landesamt. Im Beisein der Presse nahm Dr. Lars Saalow, Dezernent für Urgeschichtliche Siedlungen, die 66 Einzelfunde entgegen. Alexander Schacht von der Unteren Denkmalschutzbehörde des Landkreises Rostock und Volker Häußler, Kreisbodendenkmalpfleger i. R., waren ebenfalls vor Ort und beantworteten die Fragen der Journalisten. Anschließend wurden auf der Ackerfläche bei Neubukow fünf Fundstellen noch einmal mittels hochgenauen Differential-GPS eingemessen, die Krakor unmittelbar nach den Fundbergungen mit farbigen Holzstäben markiert hatte.


Während der Fundübergabe
(v.l.n.r. Jürgen Krakor, Alexander Schacht, Volker Häußler, Dr. Lars Saalow)

Wie Sylvio Barkow und Jürgen Krakor sind ca. 180 ehrenamtliche Bodendenkmalpfleger in Mecklenburg-Vorpommern aktiv. Sie kümmern sich um den Erhalt und die Rettung kulturhistorischer Hinterlassenschaften. Damit tragen sie wesentlich dazu bei, die regionale Identität und das Geschichtsbewusstsein zu fördern. Die Bürger, Besucher und Gäste unseres Bundeslandes zeigen, so belegt es die bundesweite Initiative Pro Archäologisches Landesmuseum (www.ipal-mv.de) mit derzeit über 11.280 Unterstützern, sehr großes Interesse an unserer Landesgeschichte. Deshalb ist es wichtig, auf das Potential und die Optimierung dieser Landesressource hinzuweisen. M-V ist ungewöhnlich reich an interessanten Belegen seiner Vergangenheit. Deshalb sollte diese Struktur unbedingt oberste Priorität bei der Förderung erhalten. Wenn unser Land das jetzt nach 25 Jahren endlich in Bewegung gekommene Projekt „Archäologisches Landesmuseum“ zügig umsetzt und die Landesarchäologie mit hauptamtlichen Archäologenstellen adäquat der Anzahl Ehrenamtlicher angepasst wird, ist ein Nutzen für unser Land zu erwarten, der den Aufwand bei weitem übersteigt.

Wir bewegen etwas für die Archäologie, für eine attraktive Urlaubsregion und für unser Mecklenburg-Vorpommern. Unterstützen auch Sie uns mit Ihrer Unterschrift unter http://ipal-mv.de/tpl/signum.inc.




PM: Denkmalpfleger-Exkursion in und um Laage (IPAL-13)

Laage. Letzten Sonnabend fand eine Exkursion für Denkmalpfleger und andere Interessierte in und um Laage statt. Die Kreisarbeitsgruppe Ur- und Frühgeschichte Landkreis Rostock und die zuständige Untere Denkmalschutzbehörde, vertreten durch Herrn Alexander Schacht, konnten 18 Teilnehmer begrüßen. Die Exkursion begann auf dem Markplatz mit einer kurzen Übersicht zur Historie der kleinen Stadt im Recknitztal. „Für Laage sind Besiedlungsspuren seit der Mittelsteinzeit (8.000 v. Chr.) dokumentiert. Ebenso fand man Hinterlassenschaften aus der Jungsteinzeit und der Bronzezeit. Der ursprüngliche slawische Name Lawe lässt sich als Brückenort deuten. Die natürliche Furt wurde für Brückenbauten genutzt und machte sie zum verkehrstechnisch und strategisch wichtigen Ort.“ Diese und viele weitere Details berichtete Herr Schacht. Laage feierte 2016 seinen 800. Geburtstag.

Anschließend ging es zur im 13. bis 15. Jahrhundert auf dem ursprünglichen Anger (Dorfplatz) errichteten Kirche. Pastorin Anne-Barbara Kretschmann war so freundlich, durch das Gebäude zu führen. Die dreischiffige Backsteinkirche erhielt im 15. Jahrhundert ihren wuchtigen Westturm. Die Fenster des Chors wurden im Zuge einer neugotischen Überformung vergrößert. Die imposanten Glasfenster mit Szenen aus der Bibel entwarf und fertigte der Rostocker Hofdekorationsmaler Hermann Krause 1897 bis 1899. „Diese wunderschönen Fenster verleihen unserer Kirche zusammen mit der prächtigen Wandbemalung ein besonders würdiges Erscheinungsbild“, sagte Frau Kretschmann mit sichtlichem Stolz. Besonders interessant fanden die Teilnehmer auch die vielen Ritzungen an den Außenmauern, die ursprünglich wohl größtenteils als Sonnenuhren angebracht wurden.

Der nächste Programmpunkt war ein slawischer Burgwall und Siedlungsplatz bei Laage. Der ehrenamtlichen Bodendenkmalpflegerin Kerstin Bockholt ist er bestens bekannt. Sie versorgte die Teilnehmer mit umfangreichen Informationen. Durch die intensive Nutzung der Fläche in jüngster Vergangenheit ist der Erhalt des Bodendenkmals sehr stark gestört. Hinterlassenschaften aus früheren Epochen sind dadurch zum Teil mehrere hundert Meter verschleppt worden. „Trotzdem konnte ich noch einige Keramikfragmente der Feldberger (8. – 9. Jh. n. Chr.) und Menkendorfer Gruppe (9. – 10. Jh. n. Chr.) und den Fuß einer Fibel (Gewandschließe) aus der früheren germanischen Besiedlungsphase bergen“, berichtete die Denkmalpflegerin.

Weiter ging es dann zu noch einer Anlage aus slawischer Zeit. Der Burgwall bei Wardow, eine auch als „De Rug Barg“ bezeichnete Niederungsburg. Frau Bockholt, die aus Laage stammt, ist er aus ihren Kindheitserinnerungen als Rodelberg vertraut. Während die Nutzung als Rodelberg – sofern es die heutigen Winter überhaupt noch erlauben – kaum Schäden verursacht, musste festgestellt werden, dass er heute offensichtlich auch als Motorcross- bzw. Quadstrecke missbraucht wird. Die Schäden wurden von Herrn Schacht aufgenommen. Der unveränderte Erhalt dieser Wallburg aus dem 10. bis 12. Jahrhundert ist für unsere Nachwelt sehr wichtig. Sie lag damals an der Via Regia und dürfte diesen wichtigen mittelalterlichen Handelsweg überwacht und gesichert haben.

Jetzt folgte eine kurze Mittagspause. Die Teilnehmer stärkten sich auf einem kleinen Rastplatz kurz vor Polchow.

Auf dem Kirchhof von Polchow konnte Mecklenburgs-Vorpommerns stärkster Baum bestaunt werden. Nach neuesten Messungen beträgt sein Umfang 13,84 Meter. In der Höhe misst er etwa 20 Meter. Es ist anzunehmen, dass die Setzung der ursprünglich drei Linden, die sich später vereinigten, zu einem besonderen Anlass erfolgte. Ob es die Errichtung der Kirche 1228, früher die Dorfgründung vor 1216 oder ganz andere Anlässe in der Zeit waren, lässt sich nicht mehr eindeutig bestimmen. Dendrologen billigen der Linde jedenfalls ein Alter von 800 Jahren zu. Die Exkursion nutzte diesen herrlichen Hintergrund für ihr obligatorisches Gruppenfoto.

Auf der Route lag dann das Schloss Diekhof, das zu einem kurzen Zwischenstopp einlud. Das 1945 bis auf Marstall und Kapelle abgebrannte Schloss aus dem 18. Jahrhundert wird von einem Kölner Kaufmann mit mecklenburgischen Wurzeln weiter rekonstruiert. Nachdem der Marstall komplett saniert heute als Wohnkomplex fungiert und die Bauarbeiten an der inzwischen beeindruckenden Kapelle abgeschlossen sind, haben Bauarbeiten an den Kellergewölben des ursprünglichen Hauptflügels begonnen. „Ein schönes Beispiel dafür, wie sich Eigentum, Denkmalschutz und Gebäudenutzung vereinbaren lassen“, lobte Herr Schacht.

Auf dem Weg nach Schloss Rossewitz besuchte die Gruppe das Großsteingrab bei Plaaz. Der frisch bestellte Acker war eine echte Herausforderung für das Schuhwerk einiger Teilnehmer, da Regentage vorher dafür sorgten, dass jeder Fußtritt sehr tief im Erdreich versank. Davon unbeeindruckt begannen nahezu alle, während der Überquerung zum Großsteingrab ihren Blick auf den Boden zu fokussieren. Ein unter Denkmalpflegern wohl geradezu natürliches Verhalten, welches von ihren unzähligen Feldbegehungen herrührt. Herr Schacht beschrieb das Bodendenkmal aus der Jungsteinzeit als Urdolmen oder als erweiterter Dolmen mit Gang. Der riesige Deckstein befindet sich offensichtlich noch in seiner ursprünglichen Position. Der östliche Schlussstein fehlt. Das Grab ist derzeit leider etwas mit Büschen überwuchert. Sehr schön zu sehen sind einige Schälchen im Deckstein, die auch typisch für viele andere gleichartige Grabanlagen sind. Untypisch hingegen sind Bohrlöcher, die vermuten lassen, dass der Deckstein einst zerstört werden sollte.

Nach all diesen interessanten Sehenswürdigkeiten ging es schließlich zum Schloss Rossewitz, dem ersten Barockbauwerk Mecklenburgs, welches Mitte des 17. Jahrhunderts errichtet wurde. Was von außen nach einem verwunschenen Dornröschenschloss aussieht, entpuppte sich schließlich als Highlight des Tages. Frau Sigrid Freiheit, die sich seit vielen Jahren im Auftrag des Eigentümers um den Erhalt des Schlosses kümmert, übernahm die Führung der Gruppe. Nach einer Zusammenfassung der Historie vorm Schloss wurde das Gebäude vom Keller bis zum Dachstuhl besucht. Angereichert mit vielen zeitgenössischen Anekdoten wurde jede Räumlichkeit detailliert erklärt. Die Teilnehmer sahen den Brunnen im Keller, der über einen Schacht in jeder Etage bis hinauf zum Dachboden erreichbar ist. Sie sahen ebenfalls im Keller die Küche und eine Backstube. Erwähnenswert auch die bereits geflieste Eingangshalle. Der imposante Festsaal mit seinen großzügigen Fensterfronten, das Kaminzimmer, die unvollendete Kapelle und dazu immer passend die zahlreichen Geschichten aus der Vergangenheit hinterließen einen tiefen Eindruck. „Das war die mit Abstand beste Führung, die ich erlebt habe“, äußerten sich viele Teilnehmer danach. Alle hoffen, dass der jetzige Besitzer über den Erhalt hinaus auch die Instandsetzung des Gebäudes schaffen wird.

Gegen 16.00 Uhr war die Exkursion beendet. Denkmalschutz und Bodendenkmalpflege genießen in Mecklenburg-Vorpommern einen hohen Stellenwert. Die ereignisreiche Geschichte vieler tausend Jahre verleiht den Bürgern Identität und stößt bei unseren Besuchern und Gästen auf starkes Interesse. Umso unverantwortlicher halten es viele, dass unser Land zu wenig aus dieser Ressource macht. Glücklicherweise scheint es im Projekt Archäologisches Landesmuseum aktuell Fortschritte zu geben. Aber die umfangreiche Nutzung unseres Standortmerkmals „Kulturhistorisch herausragende Region“ scheint noch nicht optimal zu sein.




Manches ist anders, als es scheint …

Bei Tauchprospektionen ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger in der Nähe der slawischen Fürstenburg Werle (Lkr. Rostock) kam im Jahr 2010 ein Rostklumpen ans Tageslicht, der eine Axt sowie einen Schildbuckel zu enthalten schien. In diesem Flussabschnitt waren bereits mehrfach Funde aus der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts geborgen worden, so dass es nahe lag, auch den neuen Fund in diesen Zeitraum zu datieren.

Aber es kam anders: Während der Freilegung in der Werkstatt des Landesamtes für Kultur und Denkmalpflege trat zwar die erwartete Axt zu Tage – eine Streitaxt skandinavischen Typs –, der erwartete völkerwanderungszeitliche Schildbuckel erwies sich jedoch als Aufsatz einer Petroleumlampe. Beide Fundstücke waren durch die Korrosionsprodukte fest miteinander verbacken.

In der Archäologie gilt normalerweise der Grundsatz, dass das, was in ungestörten Zusammenhängen gefunden wird, in der Regel auch gleich alt ist. Wäre das Konglomerat aus Axt und Lampenaufsatz ein solcher „geschlossener Fund“, dürfte nun die Geschichte umgeschrieben werden: Unsere slawischen Vorfahren hätten die Besitzer der Streitaxt tatsächlich schon mit Petroleumlampen begrüßen können. Was für eine Erkenntnis! Und ganz nebenbei wäre Bismarcks Postulat, in Mecklenburg geschehe alles fünfzig Jahre später, endgültig widerlegt worden.

Leider ist der Lampenaufsatz jedoch eindeutig neuzeitlichen Ursprungs. Erst als er im 19. oder 20. Jahrhundert in die Warnow fiel, traf er auf die völkerwanderungszeitliche Streitaxt. Die allmählich entstehende Kruste aus Korrosionsprodukten verband die ungleichen Fundstücke.

Rund 250 ehrenamtliche Bodendenkmalpfleger unterstützen die Landesarchäologie in Mecklenburg-Vorpommern. Sie leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur Erfassung der archäologischen Fundstellen. Seit 2008 können sich ehrenamtliche Bodendenkmalpfleger in einem Zusatzlehrgang auch für den Einsatz eines Metalldetektors qualifizieren. Einige der bedeutendsten archäologischen Entdeckungen, wie das bronzezeitliche Schlachtfeld im Tollensetal, gehen auf ehrenamtliche Bodendenkmalpfleger zurück.

Archäologen und ehrenamtliche Bodendenkmalpfleger erleben immer wieder solche kuriosen Überraschungen. Auch sie verdienen es, erzählt zu werden – nicht zuletzt in einem künftigen Archäologischen Landesmuseum. Unterstützen bitte auch Sie mit Ihrer Unterschrift unsere Initiative:

IPAL-MV.de

Dankeschön!

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(Fotos: LAKD MV/LA)



Monster, Götter und andere Mecklenburger

Etwa 250 ehrenamtliche Bodendenkmalpfleger unterstützen die Landesarchäologie in Mecklenburg-Vorpommer. Zu ihrer Tätigkeit gehört die Rettung archäologischer Funde vor Flächenversieglungen und den Auswirkungen moderner Land- und Forstwirtschaft. Unzählige Funde werden so jährlich der archäologischen Sammlung zugeführt. Sie könnten unser Wissen mit spannenden Geschichten erweitern.

Ein kleines Beispiel gibt Einblicke in die Glaubenswelt unserer Nachbarn in der Zeit von 550 bis 750 n.Chr. Eine Münze und zwei Fibeln (Gewandschließen) sind drei von mehreren hundert Fundstücken eines ehrenamtlichen Bodendenkmalpflegers in Nordwestmecklenburg. Sie zeigen die enge Beziehung unserer Vorfahren zu ihren Nachbarn im Westen und im nordischen Ostseeraum.

Unsere skandinavischen Ostseeanrainer sind durch eine Vogelfibel (ca. 680 n.Chr.) vertreten. Sie zeigt einen der beiden Raben Odins. Auf dem Rücken der Fibel ist ein Kopf mit Zipfelmütze dargestellt, der als Odinskopf gedeutet werden kann.

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Weitaus naturalistischer wurde diese Gottheit auf dem nächsten Fund mit Bart und wildem Haar abgebildet. Hier handelt es sich um eine Sceatta-Münze (720-740 n.Chr.). Auf die aus Friesland oder England stammende Münze wurde im Gegensatz zu anderen Münzen kein Herrscher, sondern eine Gottheit geprägt. In unserem Fall Wodan, der in Skandinavien als Odin bekannt ist.

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Der Glaube an Dämonen und Monster war offensichtlich zu dieser Zeit weit verbreitet und wurde auch immer wieder bildlich dargestellt, wie der dritte Fund belegt. Auf dramatische Weise beißt ein Monster mit seinem schnabelartigen, überlangen Maul dem Opfer ins Bein (Bild3). Mit beiden Pranken krallt es sich fest. Sein fürchterlich starrendes Auge erfasst den Betrachter. Möchte man hier das Opfer sein? Vermutlich nicht ! Sollte dieses damals goldglänzende Schmuckstück seinem Träger Mut für den nächsten Kampf geben? Hoffte er auf die Unterstützung seiner Götter? Wir wissen es nicht.

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Wir wissen aber, dass solche Zeugen unserer Geschichte ausgestellt gehören. Als einzigem Bundesland Deutschlands fehlt Mecklenburg-Vorpommern ein archäologisches Landesmuseum. Seit über 24 Jahren wird die Realisierung politisch auf die „lange Bank“ geschoben. Eine, für den Tourismus und die Bewohner dringend notwendige Institution, wird nicht realisiert. Die Initiative Pro Archäologisches Landesmuseum (IPAL) möchte da nicht weiter tatenlos zusehen.

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Landesmuseum in Rostock?

Kultusminister Matthias Brodkorb drängt weiter auf eine Entscheidung der Standortwahl bis zum Sommer dieses Jahres. Neben Schwerin, Stralsund, Greifswald, Neustrelitz, Groß Raden und dem Tollensetal bewirbt sich auch Rostock als Standort für das zukünftige archäologische Landesmuseum in Mecklenburg-Vorpommern. Die Hansestadt punktet erstens mit dem neu eingerichteten Lehrstuhl für Ur- und Frühgeschichte an der Universität Rostock, dessen Inhaber auch gleichzeitig wissenschaftlicher Leiter des Landesmuseums werden soll, und zweitens mit der kostenlosen Bereitstellung der Immobilie August-Bebel-Straße 1, die einst das Schifffahrtsmuseum beherbergte. Die für das Gebäude notwendige Sanierung, sie wird auf 7,5 Millionen Euro geschätzt, müsste dann allerdings vom Land getragen werden.

Schiffahrtsmuseum

Das Ziel unserer Initiative ist die Schaffung eines Landesmuseum in Mecklenburg-Vorpommern in Form einer ständigen Ausstellung, welche die gesamte Landesgeschichte mit landeseigenen herausragenden Exponaten erzählt und zeigt. Obwohl besonders im letzten Jahr und voraussichtlich auch in diesem Jahr große Fortschritte zu verzeichnen sind, sehen wir noch einen langen Weg vor uns. Dazu gehört, dass den getroffenen Zusagen und Willensbekundungen auch tatsächlich Taten -sprich Investitionen – folgen. Hier betrachten wir die kommende Landtagswahl als Ereignis, das zeigen wird, ob unsere Landesgeschichte auch in der Periode nach den Wahlen weiter die Wertschätzung erhält wie derzeit. Die dringend notwendigen Investitionen, die zweifelsfrei eine hohe Rendite für unser Bundesland versprechen, müssen in der nächsten Legislaturperiode auch tatsächlich fließen. Ohne öffentlichen Druck ist ja ganz besonders dieses Projekt letztendlich immer wieder verschoben worden. Unter dieser Prämisse betrachten wir auch die heutige Diskussion zur Standortwahl. Wir finden es gut und richtig, dass sich einzelne Standorte mit ihren Vorteilen ins Gespräch bringen. Den lokalpolitischen Argumenten kann man größtenteils folgen. Die notwendige Abwägung, welche dieser Argumente in welcher Kombination jedoch mehr Erfolg für Mecklenburg-Vorpommern versprechen, kann letztendlich nur eine neutrale Instanz. Deshalb begrüßen wir die Entscheidung von Kultusminister Matthias Brodkorb, eine unabhängige Firma mit der Entscheidungsfindung zu beauftragen. Nur so kann unseres Erachtens vermieden werden, dass starke regionale Interessen dem Ziel der Stärkung unseres gesamten Bundeslandes zuwiderlaufen. Aus diesen Gründen wird sich unsere Initiative nicht für oder gegen einen Standort aussprechen. Ausschlaggebend werden letztendlich ökonomische Zwänge sein, die mit entsprechender Professionalität gewichtet werden müssen.

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Prof. Dr. Keiling – Museumssituation

Jedes der deutschen Länder nennt ein archäologisches Landesmuseum sein eigen, denn in ganz Deutschland gibt es eine Periode, deren Geschichte nur durch archäologische Zeugnisse erschlossen werden kann. Aber auch für die Zeit danach bis in die Neuzeit hinein sind archäologische Forschungen eine unersetzlicher Hilfe für die Betrachtung der historischen Prozesse der Vergangenheit. Die Archäologie sichert allseitig die Spuren des menschlichen Geschehens im Erdboden und klärt in allen Zeitabschnitten über das Verhältnis von Mensch und Umwelt auf. Die Bevölkerung hat ein Recht darauf, die Forschungsergebnisse dieser Wissenschaft kennen zu lernen und die materiellen Erzeugnisse vergangener Zeiten in einem Museum bewundern zu können.

Es ist bedauerlich, dass Mecklenburg-Vorpommern nach 1991 auf den Fortbestand einer solchen staatlichen Einrichtung verzichtet hat, obwohl das Land einst zu den Pionieren der archäologischen Forschung in Deutschland gehörte. Herzog Christian Ludwig erwarb im 16. Jh. bereits eine beachtenswerte Sammlung archäologischer Raritäten, die von den folgenden Herzögen und Großherzögen und den bei ihnen tätigen hervorragenden Altertumsforschern, wie den Professoren Friedrich Lisch und Robert Beltz, und in der nachfolgenden Zeit Ewald Schuldt, so stark erweitert worden ist, dass 1953 aus der einstigen Abteilung im Mecklenburgischen Landesmuseum eine eigene Facheinrichtung und Forschungsstelle, das „Museum für Ur- und Frühgeschichte Schwerin“ erwuchs. Ging es anfangs vor allem darum, einzelne aussagefähige Objekte aus der ältesten Geschichte zu bewahren, zu datieren, zu interpretieren und der Bevölkerung in Ausstellungen zugänglich zu machen, so gelang es in den letzten Jahrzehnten durch umfangreiche Problemgrabungen zahlreiche historische Fragestellungen anzusprechen und einer Lösung näher zu bringen. Dazu gehören besiedlungsgeschichtliche, wirtschaftliche und bauhistorische Fragen, wie der slawische Burgenbau, aber auch die Erforschung nicht schriftlich überlieferter historischer Vorgänge, wie kriegerische Auseinandersetzungen in grauer Vorzeit (Schlachtenarchäologie). Die neuen Erkenntnisse zur Landesgeschichte erstrecken sich nicht nur auf die Steinzeit und Bronzezeit sondern auch auf die Eisenzeit und auf Ereignisse bis in neueste Zeit hinein.

Ein archäologisches Landesmuseum ist der Schlüssel zum Verständnis der Vorgeschichte und Geschichte des Landes bis hin zur Gegenwart einerseits durch die Vorlage vielfältiger geborgener interessanter Sachzeugen und andererseits durch die Darstellung diverser gesellschaftlicher Zusammenhänge.

Prof. Dr. Horst Keiling