Ausstellungskritik: „Blutiges Gold“

Am 5. Oktober 2017 habe ich die Eröffnung der Ausstellung „Blutiges Gold – Macht und Gewalt in der Bronzezeit“ besucht. Landesarchäologe Dr. Detlef Jantzen gab einen Überblick zum Konzept, zu den Schwerpunkten und Zielen der Ausstellung. Frau Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Birgit Hesse würdigte in ihrem Grußwort vor allem das ehrenamtliche Engagement der Bodendenkmalpfleger in Mecklenburg-Vorpommern. Der anschließende Rundgang durch die Ausstellung war angesichts der über 200 Gäste etwas unübersichtlich, zumal man viel mit Gesprächen untereinander gebunden war. Es hat also nur für einen ersten (positiven) Eindruck gereicht. Mir wurde schnell klar, dass ich diese Ausstellung noch einmal in Ruhe besuchen muss.

Am 17. Oktober schaffte ich es, mit zwei meiner Kinder die Ausstellung erneut zu besuchen. Allerdings lief diesmal bei der Zeitplanung etwas schief. Wir kamen erst 17:00 Uhr in Groß Raden an. Um 17:30 Uhr schließt das Gebäude. Also viel zu wenig Zeit. Für Fotos und ein paar kleine Filmsequenzen hat es gereicht, aber wirklich genießen war unter dem Zeitdruck nicht möglich. Da wird wohl noch ein dritter Besuch fällig. Trotzdem möchte ich hier meine bisherigen Eindrücke schildern. Auch auf die Gefahr hin, dass ich einige Ausstellungsmerkmale in der Kürze der Zeit schlichtweg übersehen habe.

Die gesamte Ausstellung musste in Groß Raden auf einer Fläche von 200 m² untergebracht werden. Das ist für die bisherigen Ergebnisse der Forschungen im Tollensetal schon sehr wenig. Erhebt man zusätzlich den Anspruch, die Nordische Bronzezeit im Kontext darzustellen, scheint die Aufgabe nahezu unmöglich. Umso erstaunter war ich, was neben den ca. 300 archäologischen Funden noch alles untergebracht wurde, ohne die Räumlichkeit zu überfrachten. Besonders loben muss man das gelungene Stimmungsbild, das den Besucher auf den Tollensefluss entführt und links und rechts die Kontraste zwischen Reichtum und Gewalt anhand der Ausstellungsstücke präsentiert. Die hinter einer imaginären Schilfwand – ein halbdurchsichtiger Vorhang – versteckten Funde und das geschickte Spiel mit Licht und Spiegelung der prismenförmigen Vitrinen empfand ich als besonders gelungen. Mit „Stimmen aus dem Off“ (auch unten im Video zu hören) wird das Stimmungsbild zusätzlich untermalt. Sehr empfehlenswert sind die vielen audiovisuellen Stationen, die viel Wissen zu dieser spannenden Kulturepoche vermitteln. An die kleinen Besucher wurde auch gedacht. Mit Kleidung aus der Bronzezeit kann man sich verkleiden. Eine Station, an der man sein eigenes Gesicht auf eine bronzezeitliche Figur projizieren kann, war bei meiner 8-jährigen Tochter sehr beliebt. Von ihr kam zum Schluss das wohl größte Kompliment für die Ausstellung: „Papa, müssen wir wirklich schon gehen?“

Fazit: Eine Ausstellung, die man gesehen haben muss. Auf relativ kleinem Raum wird der Kontrast zwischen Macht und Gewalt während der Nordeuropäischen Bronzezeit eindrucksvoll vermittelt. Mittelpunkt sind die Funde und Forschungsergebnisse aus dem Tollensetal – dem Ort des ersten archäologisch nachgewiesenen Krieges in Europa. Stimmungsvolle Gestaltung, ausgereifte Präsentationstechniken und umfangreiche Wissensvermittlung lassen nahezu keine Wünsche offen. Mit Blick auf ein Archäologisches Landesmuseum, welches in der letzten Zeit mehr und mehr Konturen annimmt, ein gelungener Vorgeschmack darauf, wie die archäologischen Schätze Mecklenburg-Vorpommerns der Öffentlichkeit zugängig gemacht werden könnten.

Die Sonderausstellung ist noch bis zum 10. September 2018 geöffnet.

Impressionen:

Weite Informationen auch unter: blutiges-gold.de

 




PM: Großsteingräberpflege (IPAL-17)

Rerik. Letzten Samstag fand ein kleiner Einsatz zur Pflege der Großsteingräber rings um Rerik statt. Die ehrenamtlichen Bodendenkmalpfleger Volker Häußler, Thomas Köhler und Jürgen Krakor sorgten dafür, dass Sturmschäden beseitigt wurden. Die beiden letzten Herbststürme hatten einige Bäume so stark beschädigt, dass reichlich Windbruch beseitigt werden musste. Bei der Gelegenheit wurden auch gleich noch die Grabkammern von Laub befreit und ein paar kleinere Ausbesserungsarbeiten vorgenommen. Demnächst werden noch großere Rückschnitte der Baumbestände erfolgen müssen, damit keine Gefahrenquellen für die Besucher entstehen.

Die zum Pflegeeinsatz zufällig anwesenden Besucher erhielten von Herrn Häußler ausführliche Informationen zu den jeweiligen Grabanlagen und der Geschichtsepoche. Bei der Gelegenheit wurden auch Unterschriften für die Initiative pro Archäologisches Landesmuseum (IPAL www.ipal-mv.de). Die Bürgerinitiative engagiert sich seit fast drei Jahren für den Wiederaufbau eines Landesmuseums in Mecklenburg-Vorpommern. Über 14.000 Unterstützer haben schon unterschrieben. Das Projekt Landesmuseum hat in den letzten beiden Jahren große Fortschritte gemacht. „Aber wir machen weiter, bis sie uns die Tür aufschließen“, so Häußler.

Fotos: Jürgen Krakor




PM: Wikingerschmuck: Einzigartiger Doppelfund in M-V (IPAL-15)

Pasewalk/Neubukow. Für Sylvio Barkow und Jürgen Krakor, beide ehrenamtliche Bodendenkmalpfleger des Landesamtes für Kultur und Denkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern (LAKD), wurde Christi Himmelfahrt 2017 zu einem ganz besonderen Tag. Während Herr Barkow nur wenige Stunden bis zur Grillparty nutzen wollte, hatte Herr Krakor den ganzen Tag von seiner Familie für sein Hobby geschenkt bekommen.

Sylvio Barkow / Jürgen Krakor

Barkow hatte sich eine Ackerfläche bei Pasewalk für eine Feldbegehung auserkoren, die Dr. C. Michael Schirren, Dezernent beim LAKD, als kontrollwürdige Verdachtsfläche empfohlen hatte. Seine Prospektion begann ohne Metalldetektor. An einer Stelle mit sehr vielen Keramikfragmenten kam das Gerät dann aber doch zum Einsatz. Erfahrungsgemäß sind mit Keramikfragmenten bestimmter Epochen auch Metallfunde vergesellschaftet. Barkow konnte dann auch ein Fibelfragment und Bronzeschlacke finden.

Krakor begann etwa 170 km Luftlinie entfernt gleichzeitig seine Suche mittels Metalldetektor auf einem Feld, auf dem er schon Tage vorher wikingerzeitliche Artefakte bergen konnte. Dazu zählten das Mittelstück einer Kleeblattfibel (Gewandschließe) und mehrere Bleigewichte. Andere Keramik- und Metallfunde ließen einen jungslawischen Kontext (11. bis 12. Jh.) vermuten. Am besagten Tag waren noch Restflächen in unmittelbarer Nähe der bisherigen Funde zu begehen.

Nach ca. 10 Metern, um 12:44 Uhr bekam Krakor sein erstes gutes Signal. „Der Fund lag nur etwa 10 cm tief. Es reichte, mit dem Schuh die lockere Erde beiseite zu schieben. Als die Umrisse des Objektes klar waren, habe ich vorsichtig Schicht für Schicht das Erdreich entfernt. Nachdem dann die typische Brakteatenöse, Strukturen und Vergoldungsreste zum Vorschein kamen, war klar, dass es ein außergewöhnlicher Fund sein könnte. Wie bei Bodendenkmalpflegern allgemein üblich, wurde das Ereignis mit einem ausgiebigen Freudentanz gewürdigt. Das sind oft durchaus künstlerisch wertvolle Darbietungen, allerdings immer ohne Publikum.“


Neubukower Fund unmittelbar nach der Bergung

Etwa ein bis zwei Stunden später erging es Herrn Barkow bei Pasewalk ganz ähnlich. „Getanzt habe ich nicht, aber ein ‚Yes, tolles Stück!‘ kam mir schon über die Lippen und natürlich das sofortige Bewusstsein, dass es sich hier um etwas Außergewöhnliches handeln muss. Ist halt ein tolles Gefühl, wenn man mit solchen Funden die Geschichtsschreibung vorantreiben kann.“


Pasewalker Fund wenige Tage nach der Bergung
(Foto: Burhard Fechtner)

Bei beiden Funden handelt es sich offensichtlich um Wikingerschmuck aus dem 10. Jahrhundert. Lediglich der Materialeinsatz weicht stark ab. Der Pasewalker Fund wurde aus wesentlich weniger Bronze gegossen als der Neubukower. Eine gemeinsame Werkstatt oder Gussform liegt nahe. Die wissenschaftliche Untersuchung wird diese spannende Frage sicher bald beantworten. Als gesichert gilt bisher die Erkenntnis, dass die Anhänger dem sogenannten Jelling-Stil zugeordnet werden können. Damit wäre eine Datierung der Originalformen von 950 bis 985 n. Chr. anzunehmen.

Derartige Funde kennt man z. B. aus Grabbefunden aus England, Skandinavien, Südschweden und Nordrussland. In Mecklenburg-Vorpommern sind sie bis auf dieses Doppelpack als Fundmaterial noch nicht vorgekommen. Umso verwunderlicher natürlich die gleichzeitige Auffindung zweier Exemplare. Für jeden Kenner der Nordischen Mythologie reichlich Raum zur Spekulation.

Vorbehaltlich der wissenschaftlichen Untersuchung kann man dem Motiv gegebenenfalls direkt eine Szene aus der Glaubenswelt der Wikinger zuordnen. Gemäß der Stilrichtung wurden Körper immer s-förmig im Profil dargestellt. Das Auge und die Lippe des Oberkiefers sind stets überbetont. Der Körper wird mit einer Art Leitermuster gekennzeichnet und die Beinansätze sind spiralförmig. Fremdgegenstände haben einen Mittelsteg. „Es kann sein, dass wir hier die Fesselung des Fenriswolfes sehen, eines der zentralen Themen aus der Wikingermythologie. Sie symbolisiert die Rettung der Welt vor dem Untergang. Dass der Kriegsgott Tyr dabei seine Hand verliert und wie sich die magische Fessel immer fester um den Köper des Ungeheuers zieht, lässt sich mit etwas Phantasie durchaus in den Fundstücken erkennen“, so Krakor.


Fesselung des Fenriswolfes
(Zeichnung um 1900)

Am 12. Juni war Fundübergabe an das Landesamt. Im Beisein der Presse nahm Dr. Lars Saalow, Dezernent für Urgeschichtliche Siedlungen, die 66 Einzelfunde entgegen. Alexander Schacht von der Unteren Denkmalschutzbehörde des Landkreises Rostock und Volker Häußler, Kreisbodendenkmalpfleger i. R., waren ebenfalls vor Ort und beantworteten die Fragen der Journalisten. Anschließend wurden auf der Ackerfläche bei Neubukow fünf Fundstellen noch einmal mittels hochgenauen Differential-GPS eingemessen, die Krakor unmittelbar nach den Fundbergungen mit farbigen Holzstäben markiert hatte.


Während der Fundübergabe
(v.l.n.r. Jürgen Krakor, Alexander Schacht, Volker Häußler, Dr. Lars Saalow)

Wie Sylvio Barkow und Jürgen Krakor sind ca. 180 ehrenamtliche Bodendenkmalpfleger in Mecklenburg-Vorpommern aktiv. Sie kümmern sich um den Erhalt und die Rettung kulturhistorischer Hinterlassenschaften. Damit tragen sie wesentlich dazu bei, die regionale Identität und das Geschichtsbewusstsein zu fördern. Die Bürger, Besucher und Gäste unseres Bundeslandes zeigen, so belegt es die bundesweite Initiative Pro Archäologisches Landesmuseum (www.ipal-mv.de) mit derzeit über 11.280 Unterstützern, sehr großes Interesse an unserer Landesgeschichte. Deshalb ist es wichtig, auf das Potential und die Optimierung dieser Landesressource hinzuweisen. M-V ist ungewöhnlich reich an interessanten Belegen seiner Vergangenheit. Deshalb sollte diese Struktur unbedingt oberste Priorität bei der Förderung erhalten. Wenn unser Land das jetzt nach 25 Jahren endlich in Bewegung gekommene Projekt „Archäologisches Landesmuseum“ zügig umsetzt und die Landesarchäologie mit hauptamtlichen Archäologenstellen adäquat der Anzahl Ehrenamtlicher angepasst wird, ist ein Nutzen für unser Land zu erwarten, der den Aufwand bei weitem übersteigt.

Wir bewegen etwas für die Archäologie, für eine attraktive Urlaubsregion und für unser Mecklenburg-Vorpommern. Unterstützen auch Sie uns mit Ihrer Unterschrift unter http://ipal-mv.de/tpl/signum.inc.




PM: Denkmalpfleger-Exkursion in und um Laage (IPAL-13)

Laage. Letzten Sonnabend fand eine Exkursion für Denkmalpfleger und andere Interessierte in und um Laage statt. Die Kreisarbeitsgruppe Ur- und Frühgeschichte Landkreis Rostock und die zuständige Untere Denkmalschutzbehörde, vertreten durch Herrn Alexander Schacht, konnten 18 Teilnehmer begrüßen. Die Exkursion begann auf dem Markplatz mit einer kurzen Übersicht zur Historie der kleinen Stadt im Recknitztal. „Für Laage sind Besiedlungsspuren seit der Mittelsteinzeit (8.000 v. Chr.) dokumentiert. Ebenso fand man Hinterlassenschaften aus der Jungsteinzeit und der Bronzezeit. Der ursprüngliche slawische Name Lawe lässt sich als Brückenort deuten. Die natürliche Furt wurde für Brückenbauten genutzt und machte sie zum verkehrstechnisch und strategisch wichtigen Ort.“ Diese und viele weitere Details berichtete Herr Schacht. Laage feierte 2016 seinen 800. Geburtstag.

Anschließend ging es zur im 13. bis 15. Jahrhundert auf dem ursprünglichen Anger (Dorfplatz) errichteten Kirche. Pastorin Anne-Barbara Kretschmann war so freundlich, durch das Gebäude zu führen. Die dreischiffige Backsteinkirche erhielt im 15. Jahrhundert ihren wuchtigen Westturm. Die Fenster des Chors wurden im Zuge einer neugotischen Überformung vergrößert. Die imposanten Glasfenster mit Szenen aus der Bibel entwarf und fertigte der Rostocker Hofdekorationsmaler Hermann Krause 1897 bis 1899. „Diese wunderschönen Fenster verleihen unserer Kirche zusammen mit der prächtigen Wandbemalung ein besonders würdiges Erscheinungsbild“, sagte Frau Kretschmann mit sichtlichem Stolz. Besonders interessant fanden die Teilnehmer auch die vielen Ritzungen an den Außenmauern, die ursprünglich wohl größtenteils als Sonnenuhren angebracht wurden.

Der nächste Programmpunkt war ein slawischer Burgwall und Siedlungsplatz bei Laage. Der ehrenamtlichen Bodendenkmalpflegerin Kerstin Bockholt ist er bestens bekannt. Sie versorgte die Teilnehmer mit umfangreichen Informationen. Durch die intensive Nutzung der Fläche in jüngster Vergangenheit ist der Erhalt des Bodendenkmals sehr stark gestört. Hinterlassenschaften aus früheren Epochen sind dadurch zum Teil mehrere hundert Meter verschleppt worden. „Trotzdem konnte ich noch einige Keramikfragmente der Feldberger (8. – 9. Jh. n. Chr.) und Menkendorfer Gruppe (9. – 10. Jh. n. Chr.) und den Fuß einer Fibel (Gewandschließe) aus der früheren germanischen Besiedlungsphase bergen“, berichtete die Denkmalpflegerin.

Weiter ging es dann zu noch einer Anlage aus slawischer Zeit. Der Burgwall bei Wardow, eine auch als „De Rug Barg“ bezeichnete Niederungsburg. Frau Bockholt, die aus Laage stammt, ist er aus ihren Kindheitserinnerungen als Rodelberg vertraut. Während die Nutzung als Rodelberg – sofern es die heutigen Winter überhaupt noch erlauben – kaum Schäden verursacht, musste festgestellt werden, dass er heute offensichtlich auch als Motorcross- bzw. Quadstrecke missbraucht wird. Die Schäden wurden von Herrn Schacht aufgenommen. Der unveränderte Erhalt dieser Wallburg aus dem 10. bis 12. Jahrhundert ist für unsere Nachwelt sehr wichtig. Sie lag damals an der Via Regia und dürfte diesen wichtigen mittelalterlichen Handelsweg überwacht und gesichert haben.

Jetzt folgte eine kurze Mittagspause. Die Teilnehmer stärkten sich auf einem kleinen Rastplatz kurz vor Polchow.

Auf dem Kirchhof von Polchow konnte Mecklenburgs-Vorpommerns stärkster Baum bestaunt werden. Nach neuesten Messungen beträgt sein Umfang 13,84 Meter. In der Höhe misst er etwa 20 Meter. Es ist anzunehmen, dass die Setzung der ursprünglich drei Linden, die sich später vereinigten, zu einem besonderen Anlass erfolgte. Ob es die Errichtung der Kirche 1228, früher die Dorfgründung vor 1216 oder ganz andere Anlässe in der Zeit waren, lässt sich nicht mehr eindeutig bestimmen. Dendrologen billigen der Linde jedenfalls ein Alter von 800 Jahren zu. Die Exkursion nutzte diesen herrlichen Hintergrund für ihr obligatorisches Gruppenfoto.

Auf der Route lag dann das Schloss Diekhof, das zu einem kurzen Zwischenstopp einlud. Das 1945 bis auf Marstall und Kapelle abgebrannte Schloss aus dem 18. Jahrhundert wird von einem Kölner Kaufmann mit mecklenburgischen Wurzeln weiter rekonstruiert. Nachdem der Marstall komplett saniert heute als Wohnkomplex fungiert und die Bauarbeiten an der inzwischen beeindruckenden Kapelle abgeschlossen sind, haben Bauarbeiten an den Kellergewölben des ursprünglichen Hauptflügels begonnen. „Ein schönes Beispiel dafür, wie sich Eigentum, Denkmalschutz und Gebäudenutzung vereinbaren lassen“, lobte Herr Schacht.

Auf dem Weg nach Schloss Rossewitz besuchte die Gruppe das Großsteingrab bei Plaaz. Der frisch bestellte Acker war eine echte Herausforderung für das Schuhwerk einiger Teilnehmer, da Regentage vorher dafür sorgten, dass jeder Fußtritt sehr tief im Erdreich versank. Davon unbeeindruckt begannen nahezu alle, während der Überquerung zum Großsteingrab ihren Blick auf den Boden zu fokussieren. Ein unter Denkmalpflegern wohl geradezu natürliches Verhalten, welches von ihren unzähligen Feldbegehungen herrührt. Herr Schacht beschrieb das Bodendenkmal aus der Jungsteinzeit als Urdolmen oder als erweiterter Dolmen mit Gang. Der riesige Deckstein befindet sich offensichtlich noch in seiner ursprünglichen Position. Der östliche Schlussstein fehlt. Das Grab ist derzeit leider etwas mit Büschen überwuchert. Sehr schön zu sehen sind einige Schälchen im Deckstein, die auch typisch für viele andere gleichartige Grabanlagen sind. Untypisch hingegen sind Bohrlöcher, die vermuten lassen, dass der Deckstein einst zerstört werden sollte.

Nach all diesen interessanten Sehenswürdigkeiten ging es schließlich zum Schloss Rossewitz, dem ersten Barockbauwerk Mecklenburgs, welches Mitte des 17. Jahrhunderts errichtet wurde. Was von außen nach einem verwunschenen Dornröschenschloss aussieht, entpuppte sich schließlich als Highlight des Tages. Frau Sigrid Freiheit, die sich seit vielen Jahren im Auftrag des Eigentümers um den Erhalt des Schlosses kümmert, übernahm die Führung der Gruppe. Nach einer Zusammenfassung der Historie vorm Schloss wurde das Gebäude vom Keller bis zum Dachstuhl besucht. Angereichert mit vielen zeitgenössischen Anekdoten wurde jede Räumlichkeit detailliert erklärt. Die Teilnehmer sahen den Brunnen im Keller, der über einen Schacht in jeder Etage bis hinauf zum Dachboden erreichbar ist. Sie sahen ebenfalls im Keller die Küche und eine Backstube. Erwähnenswert auch die bereits geflieste Eingangshalle. Der imposante Festsaal mit seinen großzügigen Fensterfronten, das Kaminzimmer, die unvollendete Kapelle und dazu immer passend die zahlreichen Geschichten aus der Vergangenheit hinterließen einen tiefen Eindruck. „Das war die mit Abstand beste Führung, die ich erlebt habe“, äußerten sich viele Teilnehmer danach. Alle hoffen, dass der jetzige Besitzer über den Erhalt hinaus auch die Instandsetzung des Gebäudes schaffen wird.

Gegen 16.00 Uhr war die Exkursion beendet. Denkmalschutz und Bodendenkmalpflege genießen in Mecklenburg-Vorpommern einen hohen Stellenwert. Die ereignisreiche Geschichte vieler tausend Jahre verleiht den Bürgern Identität und stößt bei unseren Besuchern und Gästen auf starkes Interesse. Umso unverantwortlicher halten es viele, dass unser Land zu wenig aus dieser Ressource macht. Glücklicherweise scheint es im Projekt Archäologisches Landesmuseum aktuell Fortschritte zu geben. Aber die umfangreiche Nutzung unseres Standortmerkmals „Kulturhistorisch herausragende Region“ scheint noch nicht optimal zu sein.




PM: Römer in Mecklenburg (IPAL-12)

Wismar. Jens Dammann aus Cambs ist während seiner Freizeit oft als ehrenamtlicher Bodendenkmalpfleger im Auftrag des Landesamtes für Kultur und Denkmalpflege unterwegs. Kürzlich fand er bei der Suche mit seinem Metalldetektor im Osten Nordwestmecklenburgs eine römische Silbermünze, einen so genannten Denar. Was Archäologen westlich des Rheins nur ein müdes Lächeln entlockt, ist in Mecklenburg-Vorpommern ein seltener Glücksfall, denn römische Münzen zählen hier noch immer zu den großen Seltenheiten.

   
(Fotos; Jens Dammann)

Der Neufund gehört sogar zu einem Münztyp, den man im Land bislang noch gar nicht gefunden hatte. Es handelt sich um eine Prägung, auf der Julia Domna, die zweite Frau des römischen Kaisers Septimius Severus (193–211 n.Chr.) und Mutter der Kaiser Caracalla (211–217) und Geta (211), abgebildet ist. Die Rückseite zeigt die sitzende Göttin Vesta mit Palladium und Zepter. Der glückliche Finder sagt dazu: „Die Fläche hat schon viele Funde in einer großen zeitlichen Bandbreite geliefert. So fanden sich dort zum Beispiel eine Fibel [= Gewandschließe; die Red.] des 4. Jahrhunderts, die erste in Mecklenburg geschlagene Münze aus dem frühen Mittelalter, zwei frühneuzeitliche Petschafte [= Siegelstempel; die Red.] sowie Knöpfe und Münzen aus dem Deutschen Kaiserreich.“ Bereits 2014 hatte man auf demselben Acker einen römischen Denar des Kaisers Marc Aurel (161-180 n.Chr.) gefunden. Zusammen mit der Fibel liegen somit schon drei Stücke vor, die in die jüngere römische Kaiserzeit weisen.

Unklar ist derzeit noch, ob es sich um Grabbeigaben handelt oder dort ehemals eine Siedlung bestand, in der diese Funde verloren gingen. Deutlich zeigen sie aber, wie wichtig es ist, dass diese Funde dem Landesamt gemeldet werden, denn das Wissen um unsere Geschichte ist wie ein Puzzle, das durch jedes neue Teil vollständiger wird. Leider landen immer noch viele Funde ohne ordentliche Erfassung in privaten Sammlungen, wodurch ein wesentlicher Teil ihres wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Wertes verloren geht.

Um dem entgegen zu wirken, ist Jens Dammann nicht nur mit dem Metalldetektor unterwegs, sondern arbeitet auch in der „Initiative Pro Archäologisches Landesmuseum“ oder kurz IPAL (www.ipal-mv.de) aktiv mit. Dies ist ein Zusammenschluss von Bodendenkmalpflegern und Interessierten, der sich dafür einsetzt, die Bürger und Urlaubsgäste, insbesondere aber auch die politischen Entscheidungsträger für die einzigartigen archäologischen Schätze unseres Landes zu begeistern.




PM: Wildschweine beschädigten bronzezeitliche Grabanlagen (IPAL-10)

Neubukow: Während einer Exkursion der Bodendenkmalpfleger im April 2016 mussten massive Schäden an mehreren bronzezeitlichen Hügelgräbern bei Steinhagen (Kirch Mulsow) festgestellt werden. Glücklicherweise gibt es in unserem Bundesland viele engagierte ehrenamtliche Bodendenkmalpfleger, denen die Erhaltung unseres kulturellen Erbes sehr am Herzen liegt. Speziell im Raum Rostock-Stadt und Rostock-Land ist seit den 1980er Jahren die Kreisarbeitsgruppe Ur- und Frühgeschichte außerordentlich aktiv. In enger Zusammenarbeit mit der Unteren Denkmalschutzbehörde in Güstrow und dem Landesamt für Kultur und Denkmalpflege in Schwerin werden mehrmals jährlich Pflegeeinsätze durchgeführt. Die Beteiligung daran ist in der Regel überdurchschnittlich. So kamen auch vergangenen Sonnabend 14 Bodendenkmalpfleger zum Einsatz. Mit Schubkarren, Eimern, Schaufel, Spaten und Harken bewaffnet, wurden die bis zu einen halben Meter tiefen Wildschäden ausgebessert. Einige Kulen waren so tief, dass in ihnen zunächst eine Folie ausgelegt werden musste, um in der Dokumentation für die Nachwelt zu erhalten, ab welcher Schicht anno 2017 eine Auffüllung gemacht wurde. Insgesamt wurden sechs Hügelgräber, deren Alter auf 3.100 bis 3.600 Jahre geschätzt wird, wieder hergerichtet. „Ein Tag der viel Spaß gemacht hat und jedes Fitness-Studio ersetzt.“ sagte Bodendenkmalpflegerin Gabriela Hafner aus Alt Karin.

Ehrenamtliche Bodendenkmalpfleger Mecklenburg-Vorpommerns engagieren sich seit über zwei Jahren mit der Initiative Pro Archäologisches Landesmuseum (IPAL) für ein Landesmuseum mit ständiger Ausstellung, damit das kulturelle Erbe unseres Bundeslandes der Öffentlichkeit nach gut 25 Jahren wieder zugängig wird. Auf ihrer Homepage ipal-mv.de sammeln sie bundesweit Unterschriften, damit die Landespolitik diese dringend notwendige Strukturmaßnahme umsetzt.

 




Gemeinsam am Salzhaff

Im Februar Flächen zu finden, die sich für eine Begehung eignen, ist nicht einfach. Sobald der Boden gefroren ist, ist weder die Oberflächensuche noch die Suche mittels Metalldetektor durchführbar. Daher war es schon vor Beginn der Aktion spannend, wie sich die Bodentemperaturen entwickeln. Wir hatten Glück: Genau zum Termin (18. Februar 2017) hin sorgte das Wetter für einen frostfreien Acker am Salzhaff. Es war zwar kalt, feucht und ungemüdlich, aber trotzdem fanden sich sechs Bodendenkmalpfleger an diesem Tag, um eine größere Fläche nach Artefakten unserer Vorfahren zu durchforsten. Mit von der Partie waren: Gabriela, Uwe, Jens, Sebastian, Andre und Jürgen.

Nach einer kurzen Begrüßung zog dann jeder wie gewohnt seine Bahnen auf dem Acker. Jens, der sein Auto irrtümlicherweise eine Straße weiter geparkt hatte, stieß auch gleich mitten in eine außergewöhnlich ergiebige Fläche. Nachfolgend die Fundkomplexe von Jens und Uwe, die alle anderen Metallfunde in den Schatten stellten:

Neben den vielen Knöpfen wurden auch etliche Münzen aus dem 17. bis 19. Jahrhundert geborgen. Wie zum Beispiel diese XII Skiling Danske 1721, Friedrich IV. / DOMINVS MIHI ADIVTOR:

Bemerkenswert auch die Ansammlung von Pfeifendeckeln:

Da derartige Konzentrationen an kleinen Orten bei uns nur selten auftreten, kann man ggf. davon ausgehen, dass der Platz zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert als Festwiese genutzt wurde. Dazu passt dann natürlich auch das Drehküken eines Zapfhahnes:

Ein in unserer Gegend sehr seltener Fund ist diese englische Stiefelschnalle des 17. Jahrhunderts:

Und schließlich wollen wir von den Metallfunden noch ein Messergriff vorstellen, der ins 15. oder 16. Jahrhundert datiert:

Gabi stieß auf einer ganz anderen Stelle nahe eines Grabens noch auf einen neolithischen Befund mit Verfärbungen und einigen Keramikscherben:

Insgesamt waren alle Beteiligten sehr zufrieden mit dem Tag. Er brachte außer den Funden Entspannung an frischer Luft und viele nette Gespräche untereinander. Auf alle Fälle wollen wir derartige Aktionen gerne wiederholen.




Es tut sich was

Die Zeit der Vorbereitungen hat ein Ende. Auf einer Fläche an der Schweriner Stellingstraße wurden bisher umfangreiche Maßnahmen durchgeführt, um Baufreiheit für den Hochbau des neuen Depot- und Werkstattgebäudes zu schaffen.

Noch in diesem Jahr soll laut Aussage von Robert Klaus, dem Schweriner Bereichsleiter des Betriebes für Bau und Liegenschaften des Landes, mit den Bauarbeiten begonnen werden. Für 2018 sind die Innenausbauarbeiten vorgesehen, die Fertigstellung und Übergabe des Gebäudes ist für 2020 geplant.

Mehr als 16 000 Quadratmeter Nutzfläche wird das neue Depot- und Werkstattgebäude haben. Damit wird unser Land dann auch endlich der Konvention von Malta (1992) gerecht, die schon 2001 ratifiziert wurde. Mit der Ratifizierung verpflichtete sich das Land, geeignete Unterbringungsorte zur wissenschaftlichen Aufarbeitung und dauerhaften Aufbewahrung von archäologischen Funden zu schaffen. Erinnert sei hier an das traurige Beispiel der „Stralsunder Einbäume“.

Bei einem geplanten Auftragsvolumen in Höhe von 50 Millionen € realisiert unser Bundesland eine hervorragende Investition in die „Zukunft der Geschichte“.




Es muss nicht unbedingt die Sonde sein

Die Gemarkung Kühlungsborn gehört zu den besterforschten unseres Landes. 1981 waren nur fünf Fundplätze bekannt. Inzwischen haben es hiesige Bodendenkmalpfleger geschafft, fast die gesamten Flächen zu begehen. Es gibt nur noch wenige „Weiße Flecken“. Heute sind es über 300 bekannte Fundstellen von der Brommezeit (Paläolithikum) bis zur Gegenwart.

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Aber auch auf bekannten Fundplätzen lohnt es sich immer mal wieder nachzusehen, ob sich bisher Unbekanntes entdecken lässt, besonders dann, wenn tief gepflügt wurde. Dann ist zu erkennen, ob noch intakte Siedlungsreste unter der Pflugschicht vorhanden sind.

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Am südlichen Rand der Gemarkung wurden im späten Herbst über 100 Hektar tief gepflügt und für den Kartoffelanbau vorbereitet. Nachdem alles gut abgeregnet war, lud die Kreisarbeitsgruppe Ur- und Frühgeschichte am 06. Februar zu einer ersten Begehung ein, der noch drei weitere folgten und an denen 11 Bodendenkmalpfleger und Interessierte teilnahmen. Mit den Bauern war natürlich alles abgestimmt.

Die Sondengänger wegen zwar wegen der geringen und meist neuzeitlichen Ausbeute etwas enttäuscht, aber die Flintfunde waren überwältigend. Das Abschlagmaterial streute fast flächendeckend, aber es wurden auch Fundkonzentrationen herausgearbeitet, teilweise sogar neue Plätze. Besonders spannend wurde es dann, wenn auch kleinste Abschläge aus der Bearbeitung entdeckt werden konnten. Das Flintspektum umfasste diesmal auch Klingen, Schaber und schaberartige Geräte, Bohrer, zwei Nacken zu dicknackigen Feuersteinbeilen, ein Nackenfragment eines Schmalmeißels, ein Dreikantgerät mit sehr langer, schmaler Spitze an einem Ende und eine Pfeilspitze mit eingezogener Basis.

Aus zahlreichen Verfärbungen von Gruben und Herdstellen wurden größere Mengen spätbronze-, vorrömisch eisen- und kaiserzeitlicher Keramik geborgen. Mit dem Mist auf den Acker gekommene frühdeutsche und neuzeitliche Scherben fehlten nicht und belegten den spätmittelalterlichen Beginn der bäuerlichen und Fischersiedlungen Brunshaupten und Arendsee (seit 01.04.1938 mit Fulgen zusammen die Stadt Kühlungsborn). Die ausgedehnte Eisenverhüttung während der römischen Kaiserzeit bestätigte sich durch die vielen kleinen Reste der Ofensauen.

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IMG_4924 Nacken Schmalmeißel Fpl. 163 Kborn
IMG_4962 Nacken dickn. Beil 4482093-6000937 Fpl. 277 Kborn   Bockholt
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IMG_5016 Pfeilspitze 4481980-6000853 Fpl. 175 Kborn   Hafner
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Es konnte wieder Lücken der archäologischen Vergangenheit geschlossen werden und ich glaube, dass es den Teilnehmern bei bestem Sammelwetter viel Spaß machte.